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Vom Rechthaben und Besserwissen

23. Sonntag im Jahreskreis 2008
Gedanken zum Sonntag

In der Einheitsübersetzung trägt diese Perikope aus dem Matthäusevangelium die Überschrift: „Von der Verantwortung für den Bruder.“ Über dieselben Versen hätte man aber auch Titel setzen können wie: „Von der Bedeutung der Worte“, oder auch „Gottes Wort in Menschenwort“. Eine weitere Headline hebt wiederum einen anderen Akzent unseres heutigen Evangeliums hervor: „Diese Worte sind jenen gewidmet, die meinen immer Recht zu haben“.

Bei einer solchen Akzentuierung würden sich die meisten Leser eher nicht angesprochen fühlen, sind wir doch immer in Allem so einsichtig, und das in hervorragender Weise dann, wenn es um Unrecht (haben) geht. Der „gute“ Christ ist eben nicht rechthaberisch, meint er oft! Meinen Sie das auch? Versetzten wir uns doch einmal in diese Verse und weisen uns selbst einen Platz in diesem mit Worten gemalten Bild zu. Sind wir da nicht doch eher auf der Seite derer zu finden, die zurechtweisen? Wir meinen doch um den rechten Weg zu wissen – steht man doch immer gerne auf der richtigen Seite – und darum wie das dann so aussieht, wenn einer mal davon ab kommt. Eher selten begeben wir uns deshalb freiwillig in die Rolle dessen, der zurechtgewiesen wird. Ist ja auch verständlich, Recht haben ist eben viel schöner!

Dass Menschen, so auch Sie und ich irren ist aber trotzdem eine Realität, die uns nicht erst heute mit der Lektüre dieser Bibelstelle über den Weg läuft. Bei genauer und gelassener Selbsteinschätzung begegnen wir uns auch immer mal wieder selber, während wir den Parcours derer betrachten, die irren. Sich in unserer Alltagswelt zu irren ist (in der Regel) ja auch nicht wirklich schlimm. Einsicht, Eingeständnis, Zugabe, sich entschuldigen und dann Verzeihung erfahren, sollte eine der wertvollsten Kommunikationsfiguren besonders unter Christen sein.

Warum aber wird im heutigen Evangelium – Evangelium ist befreiendes Gottes Wort in Menschenwort – so dezidiert die Vorgehensweise beschrieben, wie mit einem „Uneinsichtigen“, der hier auch Besserwisser genannt werden kann, umzugehen ist. Übrigens kann unser deutsches Wort „Besserwisser“ hier auf beide „Seiten“ bezogen werden. Einmal auf den, der es besser weiß und mahnt sowie den, der es besser weiß und so nicht einsichtig sein will. Aber zurück zur Frage. Grund für diese Anleitung könnte sein zu klären, wie man mit denen umgehen sollte, die sich durch falsches (sündiges) Verhalten selbst aus der Gemeinschaft heraus katapultieren.

Andererseits aber sollte vielleicht die Brisanz angesprochen werden, die darin liegt wenn Menschen autorisiert in Gottes Nahmen handeln. Das „Gewicht“ der Gemeinschaft gegenüber dem Einzelnen ist damit thematisiert. Vielleicht möchte Jesus ja den ständigen Besserwissern entgegnen die meinen: „Wer nicht gehorcht fliegt raus, es gibt kein wenn und aber!“

Jesus ist nicht für mal so und dann mal anders zu haben, denn auch das sind seine Worte: „Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich! Dieser Härte aber entspricht nicht das Prozedere welches Jesus hier anspricht, und das reduziert auf seinen Kern heißt: „Geh doch noch einmal hin!“

Dieser Kern bedeutet im Klartext: Gib die Kommunikation nicht auf, kommuniziere weiter, lass keinen zurück, forme dich selbst auch in der immer wieder neue Begegnung mit dem Anderen.

Diese Verpflichtung zur Kommunikation aber gilt für beide Lager der „Besserwisser“. Wer aus der Kommunikation aussteigt, wer sie verhindert, abblockt, unterdrückt oder erschlägt, der hat sich selbst aus diesem sensiblen Gefüge des Miteinander herauskatapultiert, exkommuniziert.

Evangelium konkret hieße dann so:
Gehen Sie doch noch mal hin!
Wie Sie wissen nicht, zu wem?
Waren Sie denn nie im „Besserwissen“ unsicher?

Erschienen in: Katholische Sonntagszeitung, September 2008

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